Besser und billiger

Warum das auch weiterhin bei O-Ringen funktionieren kann.

Autor: Dipl. Ing. Bernard Richter, O-Ring Prüflabor Richter GmbH


Einführung

Dass Milliarden von O-Ringen, die jedes Jahr verbaut werden, problemlos funktionie-ren und das bei kontinuierlich sinkenden Beschaffungspreisen ist sicherlich kein Zu-fall. Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass der Schaden durch ausgefal-lene O-Ringe vermutlich die gesamten Beschaffungskosten bei weitem übertrifft. Das heißt, dass viele Anwender noch lange nicht den für sie kostengünstigsten Um-gang mit O-Ringen gefunden haben. Dabei haben sich die Randbedingungen für die Anwender erheblich verbessert. Eine globale Beschaffungswelt und der Fortschritt der Technik in der Polymer- und Fertigungstechnologie haben für erheblich günsti-gere Herstellungskosten bei O-Ringen gesorgt, der Fortschritt der Technik hat sich auch auf das Leistungspotential der zur Verfügung stehenden Werkstoffe positiv ausgewirkt, zum Beispiel bezüglich Medienbeständigkeit, Kälteflexibilität und Lang-zeitverhalten, zudem bietet der Markt auch zunehmend herstellerunabhängige Kom-petenz an zur Beratung bezüglich der Erstellung von effektiven Bestellvorschriften, zur Schulung von Mitarbeitern und zur Prüfung von O-Ringen bzw. O-Ring Werkstof-fen. Der Referent ist überzeugt davon, dass damit die Voraussetzungen gegeben sind, die Gesamtkosten, die derzeit durch O-Ringe entstehen, weiterhin zu reduzie-ren und dabei die Leistungsgrenzen der O-Ringe noch zu erweitern. Letztlich geht es für den Anwender darum, das Leistungsangebot des Marktes auch in vollem Maße in Anspruch zu nehmen um den anwendungs- und firmenspezifisch besten Weg beim Einsatz von O-Ringen zu finden. Dann kann das Motto „besser und billiger“ auch zu-künftig für den Einsatz von O-Ringen gelten. Der Vortrag zeigt an konkreten Beispielen auf, wo und wie dies durch Normung, durch neue Werkstoffentwicklungen und durch neue Dienstleistungen umgesetzt werden kann.

Bessere Werkstoffe

Wenn man bei O-Ringen von besseren Werkstoffen redet, kann sich das auf unter-schiedliche Eigenschaften beziehen, welche helfen, den Marktanforderungen nach höherer Temperaturbeständigkeit bzw. nach längerer Lebensdauer, nach besserer Kälteflexibilität oder nach besserer chemischer Beständigkeit zu entsprechen. Da der Dichtungsmarkt einen sehr konservativen Absatzmarkt für neue Produkte darstellt, dauert es oft Jahre, bis neue Werkstoffentwicklungen auch in der Anwendung an-kommen. Deshalb sollen rückblickend ein paar Beispiele von Werkstoffentwicklun-gen gezeigt werden, die in den letzten Jahren das Leistungspotential von O-Ringen erheblich erweitert haben:
- viele NBR-Anwendungen wurden mittlerweile durch HNBR-O-Ringe ersetzt, welche bessere Hochtemperatureigenschaften und bessere physikalische Eigenschaften haben, allerdings im Markt immer wieder auch beim Kälteverhalten Schwächen zei-gen (oftmals wird das Tieftemperaturverhalten von den Herstellern zu optimistisch angegeben. Deshalb wird auch empfohlen, konsequent den TR10-Wert der O-Ringe im Datenblatt mit aufzunehmen, möglichst in Verbindung mit einem Druckverfor-mungsrestwert bei tiefen Temperaturen). Prinzipiell sind auch HNBR-Werkstoffe mit guter Kälteflexibilität verfügbar /1/. Auch gibt es Veröffentlichungen über HNBR-Werkstoffe mit deutlich verbesserter Hochtemperaturbeständigkeit gegenüber den bisherigen HNBR-Typen /2/.
- viele bisphenolisch vernetzte Standard FKM-Werkstoffe wurden durch Sonderwerk-stoffe mit einer peroxidischen Vernetzung mit verbesserter Tieftemperaturflexibilität und/oder verbesserter chemischer Beständigkeit ersetzt. Besonders erwähnenswert ist die Entwicklung eines speziellen Tieftemperatur-FKM-Polymers mit einem TR10-Wert von ca. -40°C /3/.
- das Angebot des Marktes für FFKM-Werkstoffe mit sehr guter chemischen Bestän-digkeit hat sich erheblich vergrößert, wodurch es zu mindestens einem begrenzten Preisdruck am Markt gekommen ist. Damit haben FFKM-Werkstoffe teilweise
FEP/PFA-ummantelte O-Ringe ersetzt, welche eine höhere Empfindlichkeit gegen-über Oberflächenfehlern der Dichtflächen und der O-Ringe haben und empfindlicher gegenüber Montagefehlern sind.
- Auch das Angebot an Sonder-FKM-Elastomeren mit einer ausreichenden Quellbe-ständigkeit gegenüber stark polaren Fluiden (z.B. Aceton, MEK) hat zugenommen, womit sich die Anfälligkeit von bisher eingesetzten FKM-O-Ringen gegenüber unzu-lässig starker Quellung oder chemischen Angriff reduziert hat /4/16/.
- in der Automobilindustrie konnten Standard ACM-O-Ringe ersetzt werden durch Hochtemperatur-ACM- oder AEM-Werkstoffe mit verbesserten Hoch- und Tieftempe-raturgrenzen /5/17/ und teilweise mit verbesserten physikalischen Eigenschaften, was zu einer geringeren Anfälligkeit für Montagefehler geführt hat.
- In der Hydraulik wurden für so manche Hochdruckanwendung (P>300 bar) 90 Shorige NBR- HNBR- oder FKM-O-Ringe durch thermoplastische Polyurethan O-Ringe mit 90-95 Shore A ersetzt wegen ihrer besseren Extrusionsbeständigkeit, was damit die Ausfallsicherheit gegenüber Druckstößen erheblich verbessert hat.
- nicht unerwähnt sollte auch bleiben, dass beim Einsatz von EPDM O-Ringen viel stärker differenziert wird nach Rezepturen mit gutem Langzeitverhalten /6/ und da-bei besonderen Wert gelegt wird auf einen guten Vernetzungsgrad der O-Ringe. Somit wurden in manchen Fällen schwefelvernetzte EPDM O-Ringe in Heißwasser-anwendungen durch peroxidisch vernetzte EPDM O-Ringe ersetzt oder stark weich-macherhaltige EPDM Rezepturen durch weichmacherarme- oder -freie Rezepturen.

Obige Beispiele zeigen rückblickend, dass sich durch den Einsatz neuer und besse-rer Werkstoffe die werkstoffliche Qualität der O-Ringe im Schnitt sicherlich erhöht hat. Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch die Tatsache, dass erst Ausfälle, Kunden-reklamationen bzw. Lebensdauerprobleme dazu geführt haben, bestehende O-Ring Lösungen durch bessere zu ersetzen, das heißt viel zu oft noch erfolgt der Lernpro-zess über „trial and error“. Immer noch wird die Bedeutung des O-Rings auf den Markterfolg eines Produktes bzw. auf die Kundenzufriedenheit wegen seines gerin-gen Beschaffungspreises unterschätzt. Damit werden verantwortliche Mitarbeiter nicht ausreichend qualifiziert, um die Komplexität der Einflüsse von Rezeptureigenschaften, Prozesseinflüsse bei der Herstellung, Auslegung der Nut und Anwen-dungsgrenzen zu erkennen. Damit also auf zukünftige Herausforderungen an die O-Ringe auch angemessen agiert werden kann und nicht reagiert werden muss, sollten die angebotenen Fortbildungsangebote auch wahrgenommen werden. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung des Standes Technik der Technik bei den O-Ringen auch eine bessere Qualifizierung der Mitarbeiter.

Besser qualifiziert

Zunächst sei einmal Charles Goodyear (1800-1860) zitiert, dem Erfinder der Schwe-fel-Vulkanisation beim Naturkautschuk „Es gibt keine andere Substanz, deren Eigen-schaften im menschlichen Geist gleichviel Neugierde, Überraschung und Verwunde-rung erwecken wie die des elastischen Gummis“ /7/. Und zu seiner Zeit gab es noch keinen einzigen Synthesekautschuk, keine Spritzmaschinen, die Anzahl der mögli-chen Kontaktmedien war begrenzt und das Thema Umweltschutz und Arbeitssicher-heit gab es auch noch nicht. Damit soll darauf hingewiesen werden, dass ein Besuch eines Seminars zu der Thematik „Elastomerwerkstoffe“ nicht zum Ziel haben sollte, aus einem O-Ring Anwender einen Gummispezialisten zu machen- sondern dass der Besucher einer solchen Fortbildungsveranstaltung das Rüstzeug dazu erhalten soll-te, sich in der Gummiwelt zurechtzufinden, ohne Alles im Detail verstanden zu haben oder verstehen zu wollen. Und da darf man dann auch nicht als Bewunderer des Referenten bzw. des Arbeitgebers des Referenten wegen seines enormen Wissens stehenbleiben (bei allem angemessenen Respekt vor fachlicher Kompetenz), son-dern am Ende eines Seminar sollte man in der Lage sein, der Dichtungsindustrie das technisch Machbare bzw. das technisch Notwendige auch abzuringen, sei es bezüg-lich den erforderlichen Rezeptureigenschaften aber insbesondere auch bezüglich den Fertigteileigenschaften, welche nun mal bei Elastomeren besonders stark vom Fertigungsprozess abhängig sind. Damit stehen die von der Dichtungsindustrie an-gebotenen oder durch ihre Referenten durchgeführte Seminare in der Gefahr, Be-wunderer heranzubilden, während Referenten außerhalb der Dichtungsindustrie in der Gefahr stehen, nicht über eine angemessene Kompetenz zu verfügen. Deshalb haben letztlich beide Arten von Seminaren ihre Berechtigung, nur sollte der Nutzen dieser Seminare realistisch eingeschätzt werden können. Rückblickend lässt sich feststellen, dass das diesbezügliche Seminarangebot bezüglich Fortbildungsveran-staltungen zum Thema Elastomere Werkstoffe, O-Ringe bzw. zu anderen Dichtungen sowie zur Schadensanalyse erheblich zugenommen hat, was bereits bei vielen Anwendern zu einem wesentlich verbesserten Verständnis zu dieser Thematik ge-führt hat. Dieses Seminarangebot wird auch zukünftig noch an Bedeutung gewin-nen, da nur kompetente Entscheidungsträger auf Dauer die Weichen in Sachen O-Ringe richtig stellen werden, das heißt lieferantenunabhängige Bestellvorschriften verfassen, die die Rezeptur- und Fertigteileigenschaften der O-Ringe der Anwendung angemessen festlegen und auch den Aufwand für die entsprechenden Qualifikations- und Konformitätsnachweise sinnvoll festlegen. Auch sollte ein Entscheidungsträger das Leistungspotential eines O-Ring Lieferanten realistisch einschätzen können, das heißt auch erkennen, ob der Lieferant das Potential hat, eine konstante Qualität ab-zusichern. Hat er seine Hausaufgaben gut gemacht, kann der Einkauf die Kräfte des freien Marktes walten lassen, ohne dass davon die Qualität der O-Ringe auf dem Spiel steht, das heißt dafür zu sorgen, dass die O-Ringe zu marktgerechten Preisen bezogen werden. Damit soll der Besuch von entsprechenden Fachseminaren helfen, die erforderliche Fachkompetenz bei O-Ringen aufzubauen. Das O-Ring Prüflabor Richter bietet seit über 15 Jahren herstellerunabhängige Fachseminare als öffentli-che Veranstaltung oder firmenspezifisches Inhouse-Seminar mit zunehmender Re-sonanz an /8/, im Jahre 2012 werden das voraussichtlich über 50 Veranstaltungen sein mit je 10 bis 20 Teilnehmern. Das zeigt, dass bereits viele Firmen zunehmend Wert legen auf eine gute Qualifikation ihrer Mitarbeiter in Sachen O-Ringe bzw. Dich-tungen, das zunehmende Marktangebot verschiedener Anbieter /9/10/18/19/ auf diesem Gebiet lässt darauf schließen, dass dies auch für die entsprechende Angebo-te anderer Seminaranbieter gilt. Eine gute Qualifikation der Mitarbeiter wird damit als wichtige Voraussetzung dafür gesehen, zukünftige Herausforderungen des Marktes zu meistern

Besser spezifiziert

Grundvoraussetzung für eine gute O-Ring Spezifikation ist, dass nicht nur wichtige Rezeptureigenschaften vorgegeben werden, sondern dass auch der Vulkanisations-grad der O-Ringe spezifiziert wird, das heißt, dass der Lieferant auch bestimmte Ei-genschaften an O-Ringen zusichern muss und nicht nur an Normprobekörpern. Auch hier haben zwischenzeitlich schon viele Firmen reagiert und entsprechende eigene Spezifikationen abgefasst. Besonders erwähnenswert ist hier ein verabschiedungs-reifer Entwurf über eine Werkstoffnorm für O-Ringe (ISO/TC 131/SC 7/WG 3 -ISO3601-5, Obfrau Frau Frick, Trelleborg Sealing Solution), der für alle wesentliche Werkstoff-Familien wichtige Rezeptureigenschaften sowie O-Ring-Eigenschaften (Härte und Druckverformungsrest) definiert. Sollte diesem Entwurf zugestimmt wer-den, kann erstmals in der Geschichte des O-Rings wirklich von einem Normteil ge-sprochen werden, was bei einer konsequenten Umsetzung bei den Anwendern zu wesentlich mehr Sicherheit führen wird. Billiganbietern von O-Ringen mit „unterirdi-schen“ Qualitäten kann damit der Zugang zu den Anwendern verbaut werden.

Bessere Prüfverfahren

Durch die stärkere Verbreitung und Anwendung analytischer Prüfverfahren (zum Beispiel FTIR-Spektroskopie, Thermogravimetrie, Differenz-Scanning-Kalorimetrie), können unterschiedliche Rezeptur- und Fertigteileigenschaften sicherer bestimmt werden, die häufigere Anwendung weiterer physikalischer Prüfverfahren kann hel-fen, Anwendungsgrenzen in der Kälte (TR10-Prüfung ISO 2921/ASTM D 1329) oder im Langzeitverhalten (Druckspannungsrelaxation ISO 3384-1) zu erkennen. Der stär-kere Einsatz dieser gerätetechnisch eher aufwendigen Prüfungen gibt damit Anwen-dern belastbare Kennwerte zur Hand, um wichtige Entscheidungen treffen zu können bei der Qualifikation von neuen Rezepturen bzw. beim Ersatz bewährter Rezept-uren. Damit kann das Risiko für Fehlentscheidungen reduziert und die Entstehung von Kosten für unnötige Versuche reduziert werden.

Besser geprüft

Kontinuierlich steigende Anforderungen an QS-Systeme haben sich auch in der Werkstoffprüfung etabliert und finden ihren Niederschlag in der DIN EN ISO 17025. Eine konsequente Umsetzung dieser Anforderungen minimiert das Risiko für Fehl-messungen und macht damit die Ergebnisse wesentlich belastbarer. Ein diesbezüg-lich akkreditiertes Labor wird regelmäßig (mindestens alle 18 Monate) von unter-schiedlichen Auditoren überwacht, um sowohl die Konformität des etablierten QS-Systems als auch die Fachkompetenz des Prüflabors abzusichern. Ergebnisse von akkreditierten Labors werden auch vor Gericht anerkannt, was zeigt, dass diese Er-gebnisse als höherwertig eingestuft werden gegenüber Ergebnissen von nicht akkre-ditierten Laboren. Damit bieten akkreditierte Prüflabore neben einem hohen Quali-tätsstandard zusätzlich mehr Rechtssicherheit. Zudem können die für die Prüfungen erforderlichen Prüfgeräte besser ausgelastet werden, was sich natürlich kostenmäßig günstig auswirkt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei der Qualifizierung von neuen Werkstoffen bzw. O-Ringen zunehmend auch akkreditierte Prüflabore in An-spruch genommen werden. Dieser Trend wird sich zukünftig vermutlich noch deut-lich verstärken, da ein professionelles Prüflabor neben besser abgesicherten Prüfer-gebnissen zu günstigeren Preisen zusätzlich auch noch als Know-how-Träger seinen Kunden unterstützen kann. Das O-Ring Prüflabor Richter wird darüber hinaus auch immer mehr als unabhängige Prüfstelle für Wareneingangsprüfungen von O-Ringen und anderen Dichtungen in Anspruch genommen, zum Beispiel für Druckverfor-mungsrestprüfungen.
Besser kontrolliert

Die schwierige Verarbeitung von elastomeren Werkstoffen macht letztlich eine fehler-freie O-Ring Produktion (fast) unbezahlbar. Daher ist eine Sortier- bzw. Kontrollabtei-lung fester Bestandteil einer O-Ring Produktion, wenn diese Tätigkeit nicht ausgela-gert wird. Was letztlich als eine unzulässige Oberflächenabweichung darstellt, ist in der ISO 3601 Teil 3 geregelt. Seit ca. 15 Jahren werden zur Aussortierung von schlechten O-Ringen zunehmend Kontrollautomaten eingesetzt /11/12/13/14/. Diese gibt es von unterschiedlichen Herstellern, von der einfachen einseitigen Sichtprüfung über die umseitige Sichtprüfung, jeweils im spannungsfreien Zustand, bis zu einer umseitigen Prüfung im gedehnten Zustand, wodurch auch Anrisse erkannt werden können. Der enorme Vorteil einer automatischen Sichtprüfung liegt in der geringen Durchschlupfrate von fehlerhaften O-Ringen im Vergleich zu einer manuellen Prü-fung. Der Einsatz dieser Maschinen führt in der Regel zwar zu Mehrkosten, aber na-türlich auch zu mehr Sicherheit und damit zu geringeren Ausfallkosten.

Besser montiert

Insbesondere durch den Einsatz von Plasmareinigungsverfahren ist es gelungen, Gummioberflächen mit Gleitlacken zu verbinden oder gar direkt im Plasma eine Be-schichtung aufzubringen. Der Zweck dieser Gleitintensivierung der Oberfläche bei O-Ringen liegt vor allem in der Reduktion der Montagekraft, um Montagebeschädigun-gen zu verhindern, ohne dass ein Fett oder ein Öl eingesetzt werden muss. Es wird damit eine Verunreinigung von Oberflächen mit diesen Gleithilfen verhindert, zudem können insbesondere Fette bei der abschließenden Dichtheitsprüfung einen Gas-übertritt an einem eingeschnittenen bzw. geschädigten O-Ring verhindern, das heißt, die Effizienz von Dichtheitsprüfungen deutlich einschränken. Die Mehrkosten durch die Beschichtung könnten sich also nach kurzer Zeit durch einen Rückgang der Re-klamationen wieder „eingespielt“ haben.
Besser Ja – aber auch billiger ?

Damit wurden einige Trends aufgezeigt, aus denen abgeleitet werden kann, dass O-Ringe zukünftig durchaus noch besser werden können, das heißt, dass der Markt das Potential zur Verfügung stellt, um auch zukünftigen Anforderungen der Anwen-der zu entsprechen. Die Frage ist jedoch berechtigt, ob das auch noch billiger zu ha-ben ist. Und da kann man zunächst die Binsenweisheit anbringen, dass Qualität Geld kostet, und das ist natürlich auch bei O-Ringen so. Allerdings ist offensichtlich, dass sich die Gesamtkosten, die O-Ringe erzeugen, nur zu einem geringen Anteil aus der Beschaffung ergeben. Wenn man also Kostenbetrachtungen über O-Ringe anstellt, muss man alle von O-Ringen erzeugte Kosten erfassen (Qualifikationsprüfungen, Beschaffungskosten, Prüfkosten, Montagekosten, Lagerkosten, Reklamationskos-ten), nicht quantifizierbare Kosten sind nicht erfolgte Aufträge wegen unzufriedener Kunden. O-Ringe werden also in der Gesamtbilanz „billiger“, wenn das Gesamtpa-ket an Kosten abnimmt, welche durch sie erzeugt werden, was natürlich keineswegs eine Reduktion der Beschaffungskosten ausschließt, siehe unten, und/oder wenn durch bessere O-Ring Lösungen neue Marktanteile gewonnen werden. Unter diesem Aspekt kann man solange sagen, besser = billiger, bis man den Punkt erreicht hat, dass Anwender das Dichtelement O-Ring gar nicht wahrnehmen, weil es einfach kei-ne Probleme damit gibt. Das bedeutet, dass die Lebensdauer der Produkte nicht von O-Ringen begrenzt wird, solange dieser Produkte in ihren dafür vorgesehenen An-wendungen bzw. Betriebsbedingungen eingesetzt werden.

Was O-Ringe in der Gesamtbilanz billiger macht

Zuallererst soll hier natürlich ein Blick auf die Beschaffungskosten gerichtet werden. Durch das Einführen des Spritzgießens bei O-Ringen mittels italienischer Entwick-lungshilfe ist es gelungen, die Herstellungskosten von O-Ringen dramatisch zu sen-ken. Die Anfänge in den 80er Jahren waren mühselig, weil die Kautschukindustrie noch nicht soweit war, doch mittlerweile hat sich das Spitzgießen als Standard-Fertigungstechnologie für großvolumige Aufträge bei O-Ringen etabliert, ohne dass dies aus anwendungstechnischer Sicht eine Einschränkung darstellen muss. Aller-dings ist hier die Versuchung für den Hersteller noch größer, über eine Reduktion der Zykluszeiten die Herstellungskosten auf Kosten der Qualität zu reduzieren. Das heißt, Geld kann bei O-Ringen nur wirklich gespart werden, wenn O-Ringe angemes-sen spezifiziert sind, insbesondere bezüglich Rezeptureigenschaften, Vulkanisati-onsgrad und Oberflächenausführung. Ist dies der Fall, bestehen auch keine Beden-ken, O-Ringe global zu beschaffen. Das bedeutet häufig, das Rad der Fertigungs-technologie um 20 bis 30 Jahre zurückzudrehen und wieder O-Ringe durch das Pressverfahren in Niedriglohnländern herstellen zu lassen. Bei der Kostenbilanz muss aber berücksichtigt werden, dass es oft ein mühsamer Prozess ist, einen O-Ring Lieferanten mit wenig Know-how und Markterfahrung auf einen angemessenen Stand der Technik zu bringen. Auf Dauer kann dies aber zu deutlichen Kostener-sparnissen führen, praktisch alle O-Ring Hersteller produzieren oder lassen heute in Niedriglohnländern produzieren. Werden die technologischen Möglichkeiten bezüg-lich der Spezifikation, bei der Qualifikation und bei der Serienüberprüfung von O-Ringen genutzt, siehe oben, so besteht hier sicherlich noch ein erhebliches Einspar-potential. Allerdings sollte der technologische Vorsprung bei der O-Ring-Herstellung in Deutschland, Italien, Frankreich oder in anderen Industrieländern auch in der Kos-tenbilanz nicht unterschätzt werden, der deutlich höhere Qualitätsstandard bei der Produktion wird auf Dauer sicher auch zu deutlich geringeren Qualitätskosten der Kunden durch Reklamationsbearbeitung und Produktionsausfällen führen. Um hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist eine gewisse Kompetenz bezüglich O-Ringen unabdingbar. Das heißt, gut qualifizierte Mitarbeiter im Einkauf und Qualitäts-sicherung sollten hier ausreichend differenzieren können. Eine ausreichende Qualifi-kation der Mitarbeiter in Konstruktion und Entwicklung kann zu besseren, weniger störanfälligen konstruktiven O-Ring Auslegungen führen /15/ und dazu beitragen, dass O-Ringe auch angemessen spezifiziert werden. Auch das wird sich auf Dauer positiv in der Kostenbilanz auswirken, siehe Bild 1. Die ersten vier dort genannten Ausfallursachen verursachen knapp 50% der Ausfälle und wären bei angemessener Qualifikation vermeidbar gewesen.

Zusammenfassung

Der Vortrag zeigt auf, wie sich das Marktangebot an O-Ringen und hilfreichen Dienst-leistungen in den letzten Jahren verändert hat. Die Herausforderungen der Zukunft bestehen darin, dieses Angebot auch auszuschöpfen, das heißt, es in gute bzw. bessere O-Ring Lösungen umzusetzen. Und bessere O-Ring Lösungen werden in den meisten Fällen auch zu Kosteneinsparungen führen. Besser und Billiger wird also auch in vielen Fällen für O-Ringe möglich sein.
Bild 1:Die häufigsten Ausfallursachen von O-Ringen

Literaturquerverweise

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