Mehr Sicherheit beim Einsatz von O-Ringen
O-Ringe bieten viele Vorteile, wenn diese richtig eingesetzt werden. Die wichtigsten Vorteile sind ein hohes Maß an Dichtheit auch bei geringen Verformungskräften, geringer Platzbedarf, einfache Montage und ein geringer Preis. Die wichtigsten Voraussetzungen für ein hohes Maß an Sicherheit gegen Ausfälle und für eine hohe Lebensdauer kann der Anwender durch eine solide konstruktive Auslegung, durch eine Spezifizierung wichtiger Werkstoffeigenschaften und durch die effektive Überwachung funktionskritischer Merkmale in der Serie schaffen.
Dieser Aufsatz gibt hierzu einige wertvolle Hinweise insbesondere im Hinblick auf die Werkstoffeigenschaften und zeigt, welche Einflussfaktoren beim Einsatz von O-Ringen aus NBR-, EPDM-, FKM- und FFKM-Elastomeren entscheidend sind für eine sichere und lange Dichtfunktion.
Der O-Ring als aktives Dichtelement
O-Ringe benötigen zur Erzielung ihrer Dichtfunktion ein gewisses Maß an Querschnittsverformung. Dieses umschließt toleranzbedingt für statische Anwendungen einen Bereich von ca 15-30 % für kleine und 10 bis 24 % für große Schnurstärken, siehe auch Bild 1 [ 1] .

Die Schnurstärken der O-Ring Norm DIN 3771 Teil 1 (1,80; 2,65; 3,55; 5,30; 7,00) sind abgeleitet aus der amerikanischen O-Ring Norm AS 568A (1,78; 2,62; 3,53; 5,33; 6,99;). Die Abmessungen nach der amerikanischen Norm sind weltweit in unterschiedlichsten Werkstoffen verfügbar und daher den exakten Abmessungen aus der DIN 3771 Teil 1 vorzuziehen, die sich im Innendurchmesser zum Teil erheblich von der AS 568 A unterscheiden.
Ein um ca 20 % verformter O-Ring aus einem Werkstoff mittlerer Härte (70-80 IRHD) erzeugt eine maximale Flächenpressung von ca 1-2 MPa [ 2] . Dabei tritt das Maximum der Flächenpressung in der Mitte der Berührungsbreite auf. Je härter der Werkstoff ist, desto größer ist die erzeugte Flächenpressung, die bei größer werdenden Querschnittsverformungen progressiv zunimmt. Da Elastomere annähernd inkompressibel sind, reagiert ein O-Ring unter der Einwirkung von Drücken wie eine Newtonsche Flüssigkeit und gibt damit den Systemdruck in Form einer erhöhten Dichtflächenpressung weiter. Das Maximum der Flächenpressung ergibt sich dann aus einer Überlagerung der durch die Verformung eingeleiteten Druckspannung an den Berührungsflächen und dem Systemdruck. Diese Eigenschaft macht O-Ring-Abdichtungen sehr sicher in Bezug auf unvorhergesehene Druckspitzen, man bezeichnet die O-Ring-Abdichtung daher als “aktive” Dichtung, wobei die aktivierende Wirkung vom Systemdruck ausgeht.
Bei der konstruktiven Auslegung von O-Ring Dichtungen sollten folgende Punkte besondere Beachtung finden, dort werden erfahrungsgemäß immer wieder Fehler gemacht:
- ausreichende Verpressungen des O-Ring Querschnitts sicherstellen: bei maximal möglichen Exzentrizitäten der abzudichtenden Bauteile sollte auch bei ungünstigsten Toleranzlagen eine minimale Verpressung des O-Ringes von 6% sichergestellt sein. Zur Auslegung können verschiedene PC-Programme von O-Ring-Lieferanten herangezogen werden [ 3,4] .
- scharfe Kanten vermeiden, insbesondere müssen scharfkantige Nutausführungen verhindert werden, ein Kantenradius von 0,1-0,3 mm ist in der Regel ausreichend.
- montagegerecht konstruieren heißt, Einführschrägen (15-20°) vorsehen und Bohrungen, die von O-Ringen überfahren werden, und sei es nur bei der Montage, entgraten.
Einflussfaktor Werkstoff
Technische Gummiwerkstoffe sind rezepturartig aufgebaut, Tabelle 1, wobei das Polymer selbst bezüglich der chemischen Beständigkeit das schwächste Glied in der Kette der verschiedenen Mischungsbestandteile gegenüber den abzudichtenden Medien darstellt.
Mischungsbestandteile | Gewichtsteile |
Kautschuk | 100,0 |
Füllstoffe | 50,0 |
Weichmacher | 15,0 |
Verarbeitungshilfsmittel | 3,0 |
Alterungsschutzmittel | 2,0 |
Schwefel | 1,0 |
Beschleuniger | 2,0 |
Stearinsäure | 1,0 |
Zinkoxid | 5,0 |
Verzögerer | 0,2 |
gesamt | 179,2 |
Daher beschränkt sich die Auswahl des richtigen Dichtungswerkstoffes häufig ausschließlich auf die Wahl der Polymerbasis. Allerdings können in der Praxis dann noch andere rezepturbedingte Einflüsse von entscheidender Bedeutung sein, wie z. B. die Art der Vernetzung, die Menge der eingesetzten Weichmacher und die Art der Füllstoffe. Die Polymerverträglichkeit allein ist also noch kein Garant für ein sicheres Dichten, aber sie ist eine wichtige Voraussetzung. Tabelle 2 zeigt die wichtigsten Polymere für O-Ring-Werkstoffe und typische Temperaturbereiche für gute Standard-Werkstoffe.
Polymerbezeichnung Chemischer Name | Kurzzeichen DIN/ISO 1629 |
verbreitete Handels- bezeichnungen (Kautschuk) |
Temperaturbereich von hochwertigen Standard-Werkstoffen (rezepturabhängig) statischer Einsatz |
Chloropren-Kautschuk | CR | Neoprene® (DuPont) | -40°C bis +100 ° C |
Nitril-Butadien-Kautschuk | NBR | Perbunan® (Bayer AG) | -35 ° C bis + 100 ° C |
Hydrierter Nitril-Butadien-Kautschuk | HNBR | Therban® (Bayer AG) | -35° C bis + 150 ° C |
Äthylen-Propylen- Dien-Kautschuk |
EPDM | -45° C bis + 150 ° C | |
Fluorkautschuk | FKM | Viton® (DuPont) | -30 ° C bis + 200 ° C |
Perfluorkautschuk | FFKM | Kalrez® (DuPont) | -15°C bis max. 300°C |
Tabelle 2 zeigt die wichtigsten Kautschuk-Arten für O-Ringe , Handelsbezeichnungen und Temperaturbereiche (rezepturabhängig)
Die chemische Einwirkung auf ein Polymer verändert dessen Struktur, d. h., es kann zu weiteren Vernetzungen oder zum Abbau kommen. Dabei ändern sich die physikalischen Eigenschaften wesentlich, d. h., der Werkstoff versprödet und bekommt Risse, oder er wird kaugummiartig weich und klebrig. Chemische Einwirkungen sind irreversibel und sind daher durch eine sorgfältige Werkstoffauswahl auszuschließen. Das heißt, dass eine gründliche Werkstoffauswahl die Polymerverträglichkeitsprüfung mit allen Gemischanteilen mit einschließen muss.
Beispiele für chemische Unverträglichkeiten aus aufgetretenen Schadensfällen sind:
- FKM in Gemischen mit Aminen
- FKM in Rohöl bei 180 °C
- FKM in starken Laugen
- VMQ oder FKM in Heißwasser/Dampf über 150°C
Neben einer möglichen chemischen Einwirkung auf das Polymer ist eine unzulässige Volumenänderung der O-Ringe durch die Wechselwirkung mit den umgebenden Medien (Quellung oder Schrumpfung) auszuschließen.
Die Volumenänderung ist eine Folge einer physikalischen Einwirkung, bei der zwei Vorgänge gleichzeitig ablaufen:
1.Das Polymer absorbiert das abzudichtende Medium, was zu einer Volumenzunahme führt. Diese Volumenzunahme kann weit über 100 % betragen.
2.Das abzudichtende Medium löst die extrahierbaren Mischungsbestandteile aus der Dichtung heraus, wie zum Beispiel Weichmacher, Verarbeitungshilfsmittel oder Alterungsschutzmittel. Der Anteil extrahierbarer Bestandteile in Gummimischungen kann bis zu 30 % bezogen auf das Volumen betragen.
Überwiegt die Absorption, so erhöht sich dadurch etwas die Dichtkraft und die Kälteflexibilität verbessert sich. Standard O-Ring Einbaunuten berücksichtigen mögliche Volumenquellungen von mindestens 15 %, in der Regel gelten für ruhende Abdichtungen bis zu 30 % Volumenzunahmen als unkritisch. Viel empfindlicher reagieren O-Ring Dichtungen gegenüber Volumenabnahmen. Diese führen zu einem erheblichen Verlust der durch die Verformung des O-Ringes eingeleiteten Dichtkraft. Daher ist darauf zu achten, Dichtungswerkstoffe mit möglichst geringen Anteilen extrahierbarer Bestandteile einzusetzen, auf keinen Fall sollte dieser Anteil größer als 10 % (Vol) betragen. Der extrahierbare Anteil kann durch eine Kraftstoff- oder Aceton-Lagerung (oder einem Gemisch) und anschließender Rücktrocknung ausreichend genau bestimmt werden.
Neben der möglichen chemischen oder physikalischen Einwirkung ist auch die Betriebstemperatur ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Werkstoffauswahl. Bei einer thermischen Einwirkung auf den O-Ring ergeben sich für das Dichtverhalten zwei wesentliche Auswirkungen:
1. eine bleibende Verformung, d.h., die durch die Querschnittsverformung des O-Ringes erzeugte Flächenpressung lässt nach,
2. eine Alterung, d.h., die elastischen Eigenschaften verändern sich, in der Regel führt dies zu einer Härtezunahme und zu einem Verlust der elastischen Eigenschaften.
Ein O-Ring erzeugt seine anfängliche Dichtflächenpressung allein aus der Verformung des Querschnitts. Durch eine Druckbeaufschlagung wird die Flächenpressung wesentlich erhöht. Der kritische Betriebszustand von O-Ring-Dichtungen ist daher der Niederdruckbereich (<10 bar), wo die Dichtkraft durch die elastischen Eigenschaften des O-Ring-Werkstoffes erzeugt wird. Unter der Einwirkung von Hitze kann die Dichtwirkung des Werkstoffes sehr schnell nachlassen, ohne dass die polymertypische Temperaturgrenze überschritten werden muss. Unterschiede bezüglich dieser für O-Ringe wichtigen Funktionseigenschaft können durch Druckverformungsrestprüfungen [ 6] an O-Ringen festgestellt werden.

Ein Druckverformungsrest (DVR) von 100 % heißt, dass keine Rückstellkraft mehr vorhanden ist, ein Wert von 0 % stellt den idealen Zustand dar. DVR-Werte beziehen sich immer auf bestimmte Prüfzeiten und Prüftemperaturen. Zu beachten ist, dass prinzipiell unterschieden werden muss zwischen den DVR-Werten , die auf technischen Datenblättern von Gummi-Werkstoffen (Compounds) angegeben sind und den effektiven DVR-Werten, die sich an den unter Serienbedingungen hergestellten O-Ringen ergeben. Datenblatt-Werte des Druckverformungsrestes werden im Allgemeinen an genormten Probekörpern ermittelt, die unter idealen Vulkanisationsbedingungen hergestellt wurden. Die Vulkanisationsbedingungen von O-Ringen, die unter Serienbedingungen gefertigt werden, können davon erheblich abweichen, zudem hat auch die Form und die Dicke des Prüflings einen Einfluss auf die Höhe des gemessenen Druckverformungsrest-Wertes. Somit gibt es oft erhebliche Abweichungen innerhalb des gleichen Dichtungswerkstoffes, das heißt der gleichen Rezeptur, zwischen Datenblatt-Werten und den Ergebnissen, die an O-Ringen ermittelt werden.
Die Abhängigkeit des Druckverformungsrestes an O-Ringen, sozusagen die Funktionsqualität, lässt sich wie folgt darstellen :
Funktionsqualität (DVR) = Rezepturqualität x Verarbeitungsqualität
Die multiplikative Verknüpfung bedeutet, dass eine hohe Rezepturqualität wirkungslos bleibt, wenn ein O-Ring bei der Herstellung nicht unter den richtigen Bedingungen vulkanisiert wird. Die Rezepturqualität eines Werkstoffes wird über Normprobekörper ermittelt, die teilweise bis zu 20 Minuten lang vulkanisiert werden, O-Ringe dagegen werden unter Serienbedingungen oft nur 30 Sekunden vulkanisiert. Daher haben Datenblatt-Angaben lediglich eine Aussagekraft über die Rezepturqualität, das heißt über das Leistungsvermögen der Rezeptur. Ob das an den O-Ringen auch ausgeschöpft wird, entscheidet sich an den Bedingungen bei der Verarbeitung (Vulkanisations- und Temperbedingungen).
Eine Verarbeitungsstudie, die an peroxidisch vernetzten HNBR-O-Ringen ermittelt wurde (Bilder 3 und 4), zeigt einerseits die hohe Empfindlichkeit des DVR-Wertes gegenüber zu niedrigen Werkzeugtemperaturen, andrerseits belegen diese Diagramme, dass eine starke Untervernetzung von O-Ringen (T=170 °C) nicht über eine Härtemessung nachgewiesen werden kann, da die fertigungsbedingten Streuungen der Härtewerte fast durchweg innerhalb einer Bandbreite von 10 Härtepunkten liegen.


Bei allen drei Werkzeugtemperaturen liegen die Härtewerte nach 180 Sekunden sehr eng beieinander, obwohl die bei 170 °C vulkanisierten O-Ringe einen DVR von 100 % zeigen und damit stark untervernetzt sind. Auf die Praxis übertragen heißt das, dass erst DVR-Messungen an den O-Ringen selbst Aufschluss über den Vernetzungszustand der O-Ringe erbringen, und dass die Härte der O-Ringe beziehungsweise die Formstabilität der O-Ringe eine Untervulkanisation zu ungenau anzeigen.
Eine Versprödung und der Verlust der Reißdehnung beziehungsweise der Elastizität infolge Alterung macht sich erst im Endstadium deutlich funktionsmindernd auf statische O-Ring Dichtungen bemerkbar, so dass dem Reaktionsmechanismus der bleibenden Verformung in Bezug auf die Lebensdauer bei O-Ringen mehr Bedeutung zukommt.
Vergleicht man das Angebot des Marktes an O-Ringen aus Standard-Werkstoffen bezüglich DVR-Werte ,Tabelle 3, so zeigen sich innerhalb gleicher Polymerfamilien erhebliche Unterschiede als Folgen der oben beschriebenen Einflüsse der Rezeptur und der Fertigungsbedingungen. Diese Ergebnisse aus Tabelle 3 erfassen nur einen Teil der wirklichen Bandbreite, wie sie sich aus einer begrenzten Anzahl von Vergleichstests ergeben hat.
Bei allen drei Werkzeugtemperaturen liegen die Härtewerte nach 180 Sekunden sehr eng beieinander, obwohl die bei 170 °C vulkanisierten O-Ringe einen DVR von 100 % zeigen und damit stark untervernetzt sind. Auf die Praxis übertragen heißt das, dass erst DVR-Messungen an den O-Ringen selbst Aufschluss über den Vernetzungszustand der O-Ringe erbringen, und dass die Härte der O-Ringe beziehungsweise die Formstabilität der O-Ringe eine Untervulkanisation zu ungenau anzeigen.
Eine Versprödung und der Verlust der Reißdehnung beziehungsweise der Elastizität infolge Alterung macht sich erst im Endstadium deutlich funktionsmindernd auf statische O-Ring Dichtungen bemerkbar, so dass dem Reaktionsmechanismus der bleibenden Verformung in Bezug auf die Lebensdauer bei O-Ringen mehr Bedeutung zukommt.
Vergleicht man das Angebot des Marktes an O-Ringen aus Standard-Werkstoffen bezüglich DVR-Werte ,Tabelle 3, so zeigen sich innerhalb gleicher Polymerfamilien erhebliche Unterschiede als Folgen der oben beschriebenen Einflüsse der Rezeptur und der Fertigungsbedingungen. Diese Ergebnisse aus Tabelle 3 erfassen nur einen Teil der wirklichen Bandbreite, wie sie sich aus einer begrenzten Anzahl von Vergleichstests ergeben hat.
Zeit/Temp. | Polymer Härte | Schnurstärke in mm | Zahl der geprüften Positionen | DVR in % bester Wert | DVR in % schlechtester Wert |
22h/100°C | NBR 70 | 1,78 | 11 | 10,4 | 44,7 |
22h/100°C | NBR 70 | 3,53 | 20 | 13,4 | 45,0 |
22h/100°C | NBR 70 | 6,99 | 6 | 9,0 | 24,6 |
22h/100°C | NBR 90 | 2,50-3,53 | 9 | 15,1 | 53,7 |
22h/150°C | EPDM 70/80 | 3,0-3,53 | 11 | 9,3 | 82,4 |
22h/200°C | FKM 70/80 | 2,62-3,53 | 18 | 8,5 | 46,1 |
Für den Anwender empfiehlt es sich daher, bei der Bestellung von O-Ringen Mindestanforderungen zu definieren, die an Serien O-Ringen überprüfbar sind und sowohl die Rezepturqualität als auch die Fertigungsqualität miteinbeziehen. Tabelle 4 stellt ein Beispiel für solche Mindestanforderungen dar.
Polymer- basis | Volumenänderung in ASTM-Öl Nr. 3 nach 70h/100°C | Druck- verformungs- rest (DVR) 24h/T | Volumen- änderung nach Extraktion | Änderung der Härte nach Hitzeeinwirkung 70h/T, IRHD |
NBR | +15 % max. | 30% max. T=100°C | -10 % max.* | +8 max. T=100°C |
HNBR | +25 % max. | 50 % max. T=150°C | -10 % max.* | +10 max. T= 150°C |
CR | 70 % max. | 25 % max. T=100°C | -10 % max.* | +8 max. T=100°C |
EPDM | - | 40 % max. T=150°C | -10 % max.** | +8 max. T= 150°C |
FKM | +5 % max. | 25 % max. T=200°C | -3 % max.* | +8 max. T=250°C |
*Lagerung in FAM B DIN 51 604 ,
46h/23°C, anschl. Rücktrocknung 22h/100°C ** Lagerung in Aceton , 46h/23°C, anschl. Rücktrocknung 22h/100°C |
Wichtige rezepturbedingte Unterschiede von NBR- und EPDM- Werkstoffen
Sowohl bei NBR- als auch bei EPDM-Werkstoffen enthalten die Rezepturen teilweise erhebliche Anteile extrahierbarer Bestandteile wie Weichmacher und Verarbeitungshilfen. Weichmacher in Gummiwerkstoffen verbessern die Tieftemperaturflexibilität und die Fließfähigkeit beim Spritzgießen, sie reduzieren den Mischungspreis und führen zu geringeren Volumenzunahmen bei Quelltests, indem die Weichmacher substituiert werden. O-Ringe können zu 30 % (Vol.) Weichmacher enthalten. Wenn diese nicht wegen extremer Kälteanforderungen benötigt werden, sollten diese bei O-Ring-Werkstoffen vermieden oder zumindestens eingeschränkt werden, da sie durch Hitzeeinwirkung oder durch Auswaschungen zu Volumenabnahmen führen, die der Verpressung des O-Ring -Querschnittes entgegenwirken . Das Auswaschen oder Ausgasen extrahierbarer Bestandteile läuft unter Anwendungsbedingungen relativ langsam ab, so dass der O-Ring bereits erheblich bleibend verformt ist, bis der Volumenschwund zum Stillstand kommt. Damit steht dem O-Ring nur noch ein Teil seiner Elastizität zur Kompensation zur Verfügung, da bis dahin bereits eine deutliche bleibende Verformung des O-Ringes eingetreten ist. Hohe Weichmacheranteile in O-Ringen können auf diese Weise die Betriebszeiten bis zur Leckage wesentlich verkürzen. Daher sollten O-Ringe höchsten 10 % Weichmacheranteile besitzen, je weniger desto besser. Peroxidisch vernetzte EPDM O-Ringe aus dem oberen Leistungsbereich sind oft ganz weichmacherfrei.
Bei NBR-Wekstoffen kommt dem Acrylnitril-Gehalt im Polymer eine wichtige Funktion bei den Werkstoffeigenschaften zu. Handelsübliche NBR-Polymere enthalten einen Acrylnitril-Gehalt zwischen 18 % und 50 , Standard NBR-Rezepturen enthalten oftmals einen mittleren Acrylnitril-Gehalt zwischen 28 und 38 %. Werkstoffe mit einem niedrigen Acrylnitril-Gehalt zeigen eine bessere Kälteflexibilität, höhere Quellraten in Ölen, niedrigere Druckverformungsrest-Werte und höhere Permeationsraten. Wichtig ist als Anwender zu wissen, dass sich diese Eigenschaften nicht unabhängig voneinander einstellen lassen, so dass sich zum Beispiel eine gute Kälteflexibilität nicht mit einer guten Ölbeständigkeit bei NBR-Werkstoffen kombinieren lässt. Die Bilder 5 und 6 [ 7] zeigen das Kälteverhalten eines Standard NBR-Werkstoffes und einer Tieftemperatur-NBR-Mischung. Während die gezeigte Standard NBR-Mischung bereits bei -30°C einen Druckverformungsrest weit über 90 % besitzt, zeigt die Tieftemperatur NBR-Mischung erst ab ca -54 °C eine solch hohe bleibende Verformung.
Kälteverhalten eines Standard NBR-Werkstoffes mit mittleren Acrylnitrilgehalt



So kann allein die richtige Auswahl einer Werkstoffrezeptur bei den untersuchten NBR-O-Ringe ein deutliches Mehr an Lebensdauer erbringen, eine weitere Verlängerung kann durch die Wahl einer möglichst dicken Schnurstärke erzielt werden.
Innerhalb der Klasse der Äthylen-Propylen-Dien-Werkstoffe (EPDM) gibt es bezüglich des Temperaturbereiches erhebliche rezepturbedingte Unterschiede. Unterschiedliches Tieftemperaturverhalten ergibt sich durch das Äthylen/Propylen-Verhältnis des Polymers, Tabelle 5.
Druckverformungsrest DVR 24h/-30°C | Probekörper | |
EPDM A | 47 | O-Ring, d2=1,78 |
EPDM B | 63 | O-Ring, d2=1,78 |
EPDM C | 83 | Platte, h = 2,0 mm |
EPDM D | 95 | O-Ring, d2=1,78 |
EPDM E | 97 | Platte, h = 2,0 mm |
Tabelle 5 zeigt den Druckverformungsrest verschiedener EPDM-Werkstoffe bei -30 ° C
Die Hochtemperaturbeständigkeit wird wesentlich durch das Vernetzungssystem (Schwefel oder Peroxid) und durch den Weichmacheranteil bestimmt. Tabelle 6 zeigt Messergebnisse von EPDM-Wekstoffen aus dem oberen Leistungsspektrum, Tabelle 7 aus dem unteren Leistungsspektrum.
EPDM 1 | EPDM 2 | EPDM 3 | EPDM 4 | EPDM 5 | EPDM 6 | |
Probekörper | O-Ring 20,22 x 3,53 | O-Ring 20,22 x 3,53 | O-Ring 20,22 x 3,53 | Platten, Dicke 2mm | Platten, Dicke 2mm | Platten, Dicke 2mm |
Druckverformungsrest 24h/150 ° C, % | 9,3 | 13,2 | 12,0 | 13,2 | 19,0 | 10,6 |
Umluft 70h/150 °C Änd. Härte, IRHD |
+3 | +2 | +2 | +5 | +12 | +1 |
Aceton 24h/23 °C + Rücktrocknung 22h/100°C | ||||||
Änd. Vol., % | -2 | -0,4 | -0,3 | +0,3 | -3,2 | +0,8 |
Änd. Härte, IRHD | 0 | -1 | -1 | +2 | -0,4 | -2 |
EPDM 7 | EPDM 8 | EPDM 9 | EPDM 10 | EPDM 11 | EPDM 12 | |
Probekörper | O-Ring 20 x 3 | O-Ring 20 x 3 | O-Ring 20,22 x 3,53 | Platten, Dicke 2mm | Platten, Dicke 2mm | O-Ring 20,22 x 3,53 |
Druckverformungsrest 24h/150 ° C, % | 82,4 | 75,6 | 70,6 | 55,6 | 66,0 | 67,8 |
Umluft 70h/150 °C Änd. Härte, IRHD |
+22 | +11 | +10 | +14 | +12 | +7 |
Aceton 24h/23 °C + Rücktrocknung 22h/100°C | ||||||
Änd. Vol., % | -19,1 | -5,3 | --3,3 | -11,4 | -6,8 | -2,6 |
Änd. Härte, IRHD | +18 | +4 | +0,2 | +10 | +6 | -1 |
Eine gute EPDM-Qualität lässt einen Einsatz in Heißwasser bis 200 ° C und in Luft bis 150° C zu (mind. 1000h). O-Ringe aus dem oberen EPDM-Leistungsspektrum sind alle peroxidisch vernetzt . Allerdings ist bei diesen O-Ringen die Gefahr von starken Streuungen des Vernetzungsgrades relativ hoch. Dies hat seine Ursache darin, dass sich bei peroxidisch vernetzten EPDM-Werkstoffen der Vernetzungsgrad durch ein Tempern der O-Ringe nach der Formvulkanisation (max. 150°C) nicht mehr wesentlich verbessern lässt, wie beispielsweise an den meisten NBR- oder FKM-O-Ringen. Dadurch lassen sich aufgetretene Temperaturschwankungen im Werkzeug, die zu Streuungen des Vulkanisationsgrades führen, nicht mehr auffangen. Untervulkanisierte peroxidisch vernetzte O-Ringe können durchaus DVR-Werte von 80% und höher (24h/150°C) annehmen. So ist das peroxidische Vernetzungsystem allein noch keine Garantie für einen guten EPDM-O-Ring, wenngleich eine wesentliche Voraussetzung. Schwefelvernetzte EPDM O-Ringe mit nur geringen Weichmacheranteilen können bis maximal ca 130 °C eingesetzt werden, in Zweifelsfällen sollten DVR-Messungen bei den oberen Temperaturgrenzen Aufschluss über die Brauchbarkeit erbringen.
Fluorpolymere (FKM)
Der bekannteste Vertreter dieser Polymerklasse ist sicherlich Viton ® von Dupont Dow Elastomers, weitere Anbieter sind die Firmen Ausimont ( Tecnoflon® ), Daikin (Dai-el® ) und Dyneon ( Fluorel® ). Innerhalb dieser Klasse der FKM-Werkstoffe gibt es erhebliche Unterschiede bezüglich der chemischen Beständigkeit und der Kälteflexibilität. Diese Unterschiede erklären sich aus den Unterschieden im Polymeraufbau und z.T. in der unterschiedlichen Vernetzung (z.B. Peroxidvernetzung bei den Tetrapolymeren). Tabelle 8 ermöglicht eine Klassifizierung der Polymere und damit eine herstellerunabhängige Vergleichbarkeit der verschiedenen Typen.Polymeraufbau | Beispiele für Handelsbezeichnungen | Fluorgehalt |
Copolymer | Viton E 60 C | |
VF/HFP | Fluorel FC 2140 | ca 66 % |
Tecnoflon FOR 421 | ||
Daiel G 701 | ||
Terpolymer | Viton B 70 | ca 66 % |
VF/HFP/TFE | Viton B 600 | |
Tecnoflon TN | ca 68 % | |
Fluorel FC 2350 | ||
Viton VTR 6191 | ca 70 % | |
Tetrapolymer | Viton GBL 900 | ca 67 % |
VF/HFP/TFE+X | Viton GF | ca 70 % |
Daiel G 901 | ||
Tetrapolymer | Viton GLT | ca 65 % |
Viton GBLT | ca 66 % | |
VF/PMVE/TFE+X | Viton GFLT | ca 67 % |
Tecnoflon P 7 | ||
VF = Vyniliden fluorid TFE = Tetrafluorethylen X = Vernetzungsmonomer | ||
HFP = Hexafluorpropylen PMVE = Perfluormethylvinyläther |
Tabelle 8 zeigt den unterschiedlichen chemischen Aufbau von FKM-Polymeren
Mit zunehmendem Fluorgehalt nimmt die chemische Beständigkeit zu. Den bestmöglichen Schutz gegen chemische Angriffe bieten innerhalb der FKM-Werkstoffe die am höchsten fluorierten Polymere, ein Vertreter davon ist zum Beispiel Viton ® GF. Diese Werkstoffe werden allerdings nur in ganz speziellen Fällen eingesetzt, z.B., wo FKM-Werkstoffe in Heißwasser oder Dampf eingesetzt werden sollen und EPDM-Werkstoffe wegen der schlechten Lösungsmittel – und Mineralölbeständigkeit oder aus anderen Gründen ausscheiden.
Die beste Tieftemperaturflexibilität haben die FKM-Polymere mit PMVE-Anteilen, für ruhende O-Ring Abdichtungen sind diese bis zu ca -45 °C einsetzbar.
Bei O-Ringen findet man am häufigsten Copolymere. Diese haben den niedrigsten Druckverformungsrest und erhalten daher insbesondere auch bei zyklischen Temperaturwechseln am besten ihre Dichtkraft bei. Aus diesem Grund beschränkt sich das lagermäßig verfügbare Angebot an FKM-O-Ringen der verschiedenen Lieferanten fast ausschließlich auf diese Gruppe. O-Ringe aus anderen FKM-Typen stellen in der Regel Sonderartikel dar mit den entsprechenden Nachteilen bezüglich Verfügbarkeit und Preis. Daher kommt es bei kleinen Bedarfsmengen immer häufiger vor, dass dort, wo Standard FKM-O-Ringe nicht ausreichen, dann gleich die wesentlich teureren, aber sehr viel besser verfügbaren O-Ringe aus Perfluorkautschuk (FFKM) eingesetzt werden.
Perfluorkautschuk (FFKM)
Der bekannteste Vertreter aus dieser Klasse ist sicherlich Kalrez® von Dupont Dow Elastomers. Inzwischen hat sich das Marktangebot deutlich vergrößert, die wichtigsten Markennamen, finden Sie in der Tabelle 9